Samstag, 25. November 2017, 14:00 – 15:30
Wenn die portugiesische Sendung den Papst abfeiert oder die Schwule Welle mit Mainstream-Schlagern der übelsten Sorte das Studio belagert, entsteht in einem Radio, das sich mal der Gegenöffentlichkeit verschrieben hatte, bei manchen gewisses Unbehagen. Gäbe es wiederum keine portugiesische und Schwule Sendung (und vor allem: hätte es sie nicht schon vor 30 Jahren gegeben), hätte das Freie Radio seinen eigenen Anspruch verpasst: Junge Schwule hätten nicht über UKW in ihrem geschützten Wohnzimmer Zugang zur Szene und auch heute gäbe es keine lokale Informationsquelle auf Portugiesisch.
Die beiden Gründungsideen der Freien Radios „Zugangsoffenheit“ und „Gegenöffentlichkeit“ reiben sich im redaktionellen Alltag immer wieder aneinander. Und je vielfältiger die Redaktionen werden, je mehr Radiomacher*innen an diversen Orten der Erde politisch sozialisiert wurden, desto komplexer und vielschichtiger kann dieser vermeintliche Widerspruch diskutiert werden. Denn: inwiefern haben die politischen Kategorien, mit denen wir in den Radios hantieren, in anderen Teilen der Welt überhaupt Gültigkeit? Welche inhaltlichen Potentiale gehen verloren und wer wird ausgeschlossen, wenn althergebrachte polit-kulturelle Codes das redaktionelle Geschehen bestimmen?
Moderation/Referent*innen: Anna Trautwein & Niels Wätzel (Radio Dreyeckland)