Donnerstag, 31. Oktober 2023, 20:10 – 21:30 Uhr

Podiumsdiskussion

Catherine Kern – Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, Sprecherin für Medienpolitik der Fraktion Grüne
Dr. Wolfgang Kreissig – Präsident der Landesanstalt für Kommunikation
Minh Schredle – Journalist, Kontext Wochenzeitung
Roman Kalex – Vorstand Rundfunk-Kombinat Sachsen, aktiv bei coloRadio, Dresden
Diana Heinbucher – Doktorantin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Innovationsforschung und Technologiemanagement, TU Chemnitz und Vorstand Radio T, Chemnitz

Moderation:
Michael Nicolai – Journalist und Sendungsmacher beim FSK Hamburg und Radio CORAX, Halle

Die Medienanstalten haben 2022 Nichtkommerzielle Lokalradios (NKL) und damit auch die Freien Radios als Medien mit ‚Public Value‚ anerkannt: Diese ‚besondere Ausprägung des Rundfunks, mit dem Ziel der Partizipation, der Diversität und aktiven Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an einzelnen Rundfunkangeboten, leistet einen hohen Beitrag zur Angebots- und Meinungsvielfalt.‚ Freie Radios sind damit offiziell bestätigt Medien mit gesamtgesellschaftlichem Wert.

Das neue Prädikat bedeutet aber nicht automatisch die finanzielle Absicherung dieses Rundfunksektors. Das Vergabeverfahren richtete sich eigentlich zunächst nur an kommerzielle Sender. Ihre Auffindbarkeit soll vor der Konkurrenz der zahllosen Online-Angeboten ohne Nachrichten und Pressekodex geschützt werden. Die zuständige Medienanstalt NRW war dementsprechend wohl etwas überrascht, als sich auch einzelne Nichtkommerzielle auf ihren Wert für die Öffentlichkeit prüfen lassen wollten.

Das häufige Nicht-Mitdenken der nichtkommerziellen Anbieter verweist auf ein grundsätzliches Problem der Medienpolitik und -gesetzgebung in Deutschland: Die Medienpolitik konzentriert sich aufgrund der vorgeschriebenen Staatsferne des Rundfunks meist nur auf Medien als Wirtschaftsfaktor anstatt auf die gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Dies führt teils zur Vernachlässigung von Herausforderungen wie der Gefährdung der demokratischen Öffentlichkeit und der steigend partikulären Medienlandschaft, gerade im Bezug auf den “on demand”-Trend, der jegliche Auseinandersetzung mit anderen Lebensrealitäten, Perspektiven oder Meinung unnötig werden lässt. Im Gegensatz dazu setzen sich freie Radios aktiv für Inklusion, Transparenz, sowie Medien- und Demokratiekompetenz ein.

Internationale Institutionen wie die OSZE und der Europarat erkennen die Bedeutung von Bürgermedien für Demokratie und Qualitätssicherung im Journalismus schon lange und fordern deshalb immer häufiger die Absicherung dieses besonderen Sektors.

In der Auftaktveranstaltung der ZWCM2024 (Zukunftswerkstatt Communitiy Media) in Ulm wollen wir mit Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis über die Bedeutung der Communitiy Medien für eine demokratische Öffentlichkeit sprechen. Welche Wertschätzung, praktische Förderung und Verbreitung benötigen die Bürgermedien um ihren partizipativen Ansprüchen gerecht werden zu können? Warum geht es immer noch für viele Freien Radios ums reine Überleben? Wie kann Qualitätsjournalismus in den Community Medien verstetigt werden? Und ist die Medienpolitik neben der digitalen Transformation auch auf eine partizipative Transformation vorbereitet?

[1] https://www.osce.org/representative-on-freedom-of-media/542676

[2] https://edoc.coe.int/en/international-law/11046-promoting-a-favourable-environment-for-quality-journalism-in-the-digital-age-recommendation-cmrec20224.html

Partner

Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg